Alle 4 Sekunden ereignet sich in Deutschland ein Unfall. Jährlich handelt es sich um ungefähr 9 Millionen Unfälle, die für den ein oder anderen Unfallbeteiligten gravierende Folgen mit sich bringen. Nicht nur die mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung, die Konsequenz eines Unfalles sein kann, sondern vor allem auch die damit verbundene finanzielle Einbuße, stellt für viele Bürger eine enorme Bedrohung dar. Deshalb gibt es Unfallversicherungen, die den Ausgleich der auf einen Unfall folgenden materiellen und immateriellen Schäden versprechen.
Grundsätzlich muss in Deutschland zwischen der gesetzlichen und der privaten Unfallversicherung differenziert werden. Gesetzlich versichert sind die Fälle, in denen ein Erwerbstätiger, ein Kind oder Schüler, Unfälle erleidet, die in direktem Zusammenhang mit der Arbeit, dem Kindergarten oder der Schule stehen. Abgesichert werden hier also arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten. Was im Einzelfall noch als Zusammenhang zu Beruf/ Schule etc. ausreicht, ist häufig Gegenstand von Streitigkeiten vor Gericht. Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung sind Entschädigung und Rehabilitation des Versicherten.
Da sich nur knapp 12 % aller Unfälle in Deutschland bei der Arbeit ereignen, kommt der privaten Unfallversicherung eine sehr hohe Bedeutung zu. Denn dort ist auch der Fall versichert, bei dem das Unfallereignis im Rahmen der Freizeit, des Haushalts, oder im Verkehr stattfindet.
Der Versicherungsnehmer zahlt der Versicherung monatliche Prämien, damit diese für sein Unfallrisiko einsteht. Die Versicherung übernimmt das mit einem Unfall verbundene allgemeine Lebensrisiko und sichert somit die Invalidität des Versicherungsnehmers ab.
Der Hauptzweck der Unfallversicherung ist die Absicherung der Invalidität. Invalidität meint die dauerhafte Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der versicherten Person. Diese Definition findet sich so in § 180 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), und gilt als Auslegungsregel, falls im Versicherungsvertrag nichts genaueres vereinbart ist.
Problematisch erscheint der Aspekt der Dauerhaftigkeit, den die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Versicherten aufweisen muss. Während als „dauerhaft“ früher nur eine solche gesundheitliche Beeinträchtigung galt, die nach objektivem Erfahrungs- und Wissenschaftsstand als lebenslänglich zu beurteilen war, gilt nach der Reform des VVG im Jahre 2008 die 3 Jahresregel: Dauerhaft ist eine Beeinträchtigung danach nur dann, wenn sie voraussichtlich länger als 3 Jahre bestehen wird, und zusätzlich eine Änderung des Zustandes nicht erwartet werden kann. Änderungen des Zustandes, die nach den 3 Jahren eintreten, und die im Vorhinein nicht absehbar waren, sind somit unerheblich für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit - egal ob es sich um eine Verschlechterung oder Verbesserung handelt. Im Falle einer unvorhersehbaren Verschlechterung nach 3 Jahren steht dem Versicherten kein Anspruch auf weitere Leistungen zu. Andersherum kann aber auch die Versicherung keine Leistungen zurückfordern, falls unvorhersehbare Verbesserungen auftreten. Maßgeblich ist also die 3 Jahres Prognose, nicht die dann tatsächlich eintretende Entwicklung. Kann allerdings vor Ablauf der 3 Jahre eine dauerhafte Beeinträchtigung der Gesundheit diagnostiziert werden, kommt es auf eine Prognose nicht mehr an.
Alleine die Tatsache, dass der Versicherte nach dem Unfall zunächst in Lebensgefahr schwebt, rechtfertigt die Annahme einer Dauerhaftigkeit der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht. Vielmehr muss in solchen Fällen eine Stabilisierung des Zustandes abgewartet, und dann eine Prognose angestellt werden. Nur, wenn schon während des lebensbedrohlichen Zustandes sicher feststeht, dass bei einer Stabilisierung dennoch dauerhafte Beeinträchtigungen bleiben werden (beispielsweise eine Querschnittslähmung oder der Verlust von Gliedmaßen), muss für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit auf eine Stabilisierung des Zustandes nicht mehr gewartet werden.
Die Unfallversicherung ist eine Summenversicherung. Wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung kommt es auch hier nicht auf einen tatsächlich entstandenen Schaden an. Die Versicherung ist im Versicherungsfall, unabhängig von dem konkret entstandenen Schaden, zu der vertraglich vereinbarten Leistung verpflichtet.
Neben der klassischen Form der Unfallversicherung gibt es auch andere Modelle auf dem Markt. So existieren unter anderem die Unfallversicherung mit garantierter Beitrittsrückzahlung, die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr, oder die Unfallzusatzversicherung.
Grundsätzlich bietet die Unfallversicherung einen Ausgleich für die materiellen und immateriellen Einbußen, die der Versicherte in Folge des Unfalles erleidet. In welche Höhe der Ausgleich im Einzelfall gewährt wird, hängt von dem Grad der Invalidität des Versicherten ab.
Wichtig ist, dass Invalidität nicht gleich zu verstehen ist wie der Begriff der Erwerbsunfähigkeit oder ein bestimmter Grad einer Behinderung. Denn das Unfallversicherungsrecht hält eigene Kriterien bereit, anhand derer die Invalidität bewertet wird.
Früher war für die Bemessung der Invalidität der konkrete Beruf des Versicherten maßgeblich. Um jedoch auch nicht (mehr) Erwerbstätige in die private Unfallversicherung einzubeziehen, spielt die konkrete Tätigkeit für die Invaliditätsbemessung inzwischen keine Rolle mehr.
Die Bemessung der Invalidität erfolgt durch medizinische Sachverständige, die in der Regel von der Versicherung beauftragt werden. Die Beauftragung erfolgt, nachdem der Versicherte den Eintritt des Versicherungsfall angezeigt hat. In manchen Fällen ist es notwendig, verschiedene Gutachten von unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen einzufordern. Dann wird die Invalidität anhand einer Art medizinischen Gesamtschau beurteilt.
Nach Abschluss des Versicherungsvertrages kommt der Versicherung eine Beratungspflicht zu. Hat die Versicherung positive Kenntnis von der Notwendigkeit einer Beratung des Versicherten, so muss sie diese durchführen. Verletzt sie diese Pflicht, so hat sie dem Versicherten die aus der Pflichtverletzung entstandenen Schäden zu ersetzen. Nur wenn die Versicherung die Verletzung der Beratungspflicht nicht zu vertreten hat, scheidet ein solcher Ersatzanspruch aus.
Über die Beratung muss die Versicherung schriftlich und verständlich Protokoll führen. Neben dieser Dokumentationspflicht ist die Versicherung auch zur umfassenden Information des Versicherten verpflichtet. Vor Vertragsschluss müssen dem Versicherungsnehmer alle „erforderlichen Vertragsbestimmungen“, sowie die sich aus der Informationsverordnung ergebenden Hinweise vorliegen.
Der Versicherer hat nach einem Leistungsantrag innerhalb eines Monats nach Vorlage der zu dessen Beurteilung erforderlichen Unterlagen in Textform zu erklären, ob und in welchem Umfang er seine Leistungspflicht anerkennt. Wird eine Invaliditätsleistung beantragt, beträgt die Frist drei Monate.
Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Vertrag festgelegten Zeitpunkt, wenn der Versicherte bis dahin den ersten Betrag unverzüglich nach Fälligkeit bezahlt hat. In der Regel ist die Fälligkeit zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheines beim Versicherten anzunehmen.
Die Dauer des Versicherungsschutzes richtet sich ebenfalls nach der Parteivereinbarung. Es kommt also darauf an, welche Zeit im Versicherungsvertrag vereinbart ist. Liegt die vereinbarte Dauer unter einem Jahr, endet der Vertrag automatisch mit dem Ablauf der Zeitspanne.
Bei vereinbarten Vertragslaufzeiten von über einem Jahr ist Vorsicht geboten. Denn in der Regel verlängert sich die Laufzeit mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit automatisch, und zwar um nochmals dieselbe Zeitspanne. Nur, wenn der Versicherte den Vertrag fristgerecht gekündigt hat, endet der Versicherungsschutz mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit. In der Regel muss der Versicherung die Kündigung mindestens 3 Monate vor dem Ende der vereinbarten Zeitspanne zugehen.
Auch in Fällen, in denen bereits Leistungen von der Versicherung erbracht wurden, ist eine Kündigung in der Regel möglich. Genaueres erfährt der Versicherungsnehmer aus den jeweiligen Vertragsunterlagen unter dem Stichpunkt „Schadensfallkündigung“.