Im Rahmen der Behandlung eines seit Längerem bestehenden Morbus Crohn unterzog sich die Mandantin während eines stationären Aufenthalts in der Klinik der Anspruchsgegner einer Koloskopie. Hierbei wurde eine linksseitige, langstreckige Stenose im Dickdarm festgestellt. Der Befund wurde durch eine MRT-Untersuchung bestätigt.
Die Mandantin wurde daraufhin zur chirurgischen Mitbeurteilung an die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im Haus der Anspruchsgegner überwiesen. Nach einer dortigen Vorstellung in der koloproktologischen Sprechstunde stellten die behandelnden Ärzten die Indikation zur Operation in Form einer Segementresektion des Colon transversums mit primärer Anastomosierung.
Der leitende Oberarzt der Klinik für Innere Medizin erklärte der Mandantin in diesem Zusammenhang, dass zur Behandlung der Stenose eine minmalinvasive Laparoskopie durchgeführt werden sollte. Bei diesem Eingriff handele es sich um eine „kleine“ Operation mit geringem Risiko. Die Mandantin würde sich hiervon schnell wieder erholen und schon kurz nach der Operation wieder mobil sein. Insbesondere müsse sie sich keine Sorgen darüber machen, einen künstlichen Darmausgang zu bekommen.
Die Mandantin wurde sodann zur Durchführung des geplanten Eingriffs in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im Haus der Anspruchsgegner stationär aufgenommen. Am selben Tag erfolgte ein kurzes Treffen mit dem Operateur, bei dem dieser der Mandantin einen Aufklärungsbogen aushändigte und sie ein Einwilligungsformular unterschreiben ließ. Eine detaillierte Erläuterung der aufgezählten Komplikationen erfolgte nicht.
Die Operation fand schließlich am Folgetag um 14:00 Uhr statt. Hierbei wurden zunächst 15 cm des von der Stenose betroffenen Teil des Dickdarms entfernt, anschließend erfolgte eine End-zu-End-Anastomose.
Behandlungsfehler bei Nachsorge.
Die Mandantin wurde postoperativ zunächst auf der chirurgischen Intensivstation im Klinikum der Anspruchsgegner überwacht und dann auf die Normalstation übernommen. Sie erhielt dort dreimal täglich Grießbrei, Milchsuppe und Naturjoghurt. Eine medikamentöse Behandlung zur Förderung der Darmtätigkeit und Weichhaltung des Stuhls erfolgte nicht, ebensowenig eine physiotherapeutische Mobilisation der Mandantin zur Anregung der Darmtätigkeit.
Die Mandantin litt nach der Operation unter zunehmenden Schmerzen. Zudem hatte sie auch nach vier Tagen postoperativ noch keinen Stuhlgang. Ihre Entzündungsparameter waren erhöht. Die Mandantin unterrichtete sowohl das Pflegepersonal als auch die behandelnden Ärzte über ihre Beschwerden. Dennoch erfolgte lediglich eine symptomatische Behandlung mittels Novalgin-Tropfen und Paracetamol oral sowie intravenös.
Nur wenige Tage später erhielt die Mandantin trotz ihres ausbleibenden Stuhlgangs feste Nahrung bestehend aus Schweineschnitzel mit Paprikasoße, gegartem Kohlrabi und Nudeln sowie Körnerbrot mit Schinken, Karotten-, Blumenkohl-, Bohnensalat in Senfsoße und einem hartgekochtem Ei. Die Mandantin äußerte über die gewählte Nahrung aufgrund ihrer offensichtlich vorhandenen Verdauungsbeschwerden Bedenken. Auch dieser Hinweis wurde sowohl seitens des ärztlichen Personals als auch seitens des Pflegepersonals jedoch ignoriert.
Als nach sechs Tagen noch immer keine Stuhlentleerung erfolgt war, wurden der Mandantin schließlich auf ihre erneute Nachfrage hin Zäpfchen verabreicht. Der hierdurch ausgelöste Stuhlgang erfolgte zwischen 21:00 Uhr und 22:00 Uhr. Die Mandantin litt hierbei unter starken Schmerzen im Bauch und in der Rippengegend, ihr Stuhl war sehr hart. Bei einem erneuten, nun blutigen Stuhlgang gegen 00:00 wurden ihre Schmerzen so unerträglich, dass sie das Pflegepersonal informierte und intravenöse Schmerzmittel erhielt. Doch selbst diese Medikation konnte ihre Schmerzen kaum noch lindern. Die behandelnden Ärzte reagierten auf diese dramatische Zustandsverschlechterung der Mandantin jedoch nicht. Selbst als die Mandantin im Laufe der Nacht schließlich hohes Fieber entwickelte und sich wiederholt erbrechen musste, wurden keine Untersuchungsmaßnahmen zur Abklärung ihrer Beschwerden eingeleitet.
Erst im Rahmen der ärztlichen Visite am nächsten Morgen, um 07:30 Uhr, wurde seitens der anwesenden Ärzte eine CT-Untersuchung des Abdomens veranlasst. Besagte Untersuchung fand dann dennoch erst einige Stunden später, gegen 13:00 Uhr statt.
Dauerhafter Gesundheitsschaden.
Die CT-Aufnahmen zeigten dann den alarmierenden Befund einer Anastomoseninsuffizienz (= Darmnahtbruch). Die Mandantin wurde hierüber gegen 15:00 Uhr informiert. Ihr wurde sodann mitgeteilt, dass sie umgehend notoperiert werden müsste. Die behandelnden Ärzten wiesen die Mandantin hierbei knapp darauf hin, dass ein künstlicher Darmausgang angebracht werden müsse. Eine weitere Aufklärung, insbesondere über die Art der Stomaanlage, erfolgte nicht.
Der Not-Eingriff erfolgte schließlich um 17:00 Uhr. Intraoperativ zeigte sich „eine starke entzündliche Veränderung, eine Peritonitis. (…) Die Bursa und der Oberbauch zeigen sich gefüllt von einer putriden Flüssigkeit. (…) Suphrenisch zeigt sich über der Milz ein abgekapselter großer Abszess. (…) Antimesenterial zeigt sich eine punktförmige Insuffizienz.“
Bei der Mandantin war es mithin infolge des durch den Darmnahtbruch ausgetretenen Stuhls zu einer starken Infektion mit einem eitrigen Verhalt im Bauchraum gekommen (Peritonitis). Nachdem der Bauchraum der Mandantin gespült worden war, wurde anschließend die Anastomose entfernt und ein endständiges Transversostoma (künstlicher Darmausgang) angelegt.
Postoperativ wurde die Mandantin auf die Intensivstation verlegt. Sie litt weiterhin unter starkem Fieber mit wiederkehrenden Schweißausbrüchen, Übelkeit und wiederholtem Erbrechen. Aufgrund der Peritonitis musste die Mandantin intravenös Antibiotika (Piperacilin und Tazobactam) erhalten. Erstmalig wurden ihr nun Laxoberal-Tropfen zur Erhaltung eines weichen Stuhlgangs verabreicht.
Bereits zwei Tage später sollte die Mandantin dann auf die Normalstation verlegt werden. Da sich die Mandantin allerdings zu diesem Zeitpunkt entgegen der Aussage der behandelnden Ärzten keinesfalls „stabil“ fühlte, weigerte sie sich, dieser Verlegung zuzustimmen. Dass die Mandantin sehr wohl nach wie vor intensivpflichtig war, bestätigte sich durch den weiteren Verlauf. So sank ihr Fieber auch in den kommenden Tagen kaum ab, sie litt weiterhin unter starken Schmerzen und Atemnot (Sauerstoffsättigung bei 89 %). Es kam schließlich zum Pleuraerguss links und einer Lungenentzündung. Der Mandantin musste für mehrere Tage eine Drainage in den Pleuraspalt gelegt werden, die weitere, starke Schmerzen verursachte.
So erfolgte die Verlegung auf die Normalstation dann erst weitere drei Tage später. Doch auch zu diesem Zeitpunkt kann von einem „stabilen“ Zustand der Mandantin keine Rede sein. Denn auch hier kam es zu weiteren Pleuraergüssen, sodass die Antibiotikatherapie mittels Piperacillin/Tazobactam weiter fortgeführt werden musste.
Die Mandantin wurde schließlich ohne Abschlussuntersuchung aus der stationären Behandlung entlassen.
Revisionsoperationen erforderlich.
In den Wochen danach litt die Mandantin weiterhin unter den Folgen der fehlerhaften Nachversorgung ihrer ersten Operation. Sie war auf die Unterstützung ihrer Familie und Freunde bei der Körperpflege und der Ankleide angewiesen. Zunächst musste sie - mangels erhaltenener Informationen seitens des Klinikums der Anspruchsgegner - durch eigenständige Recherche herausfinden, welche Art des Stomas ihr angelegt wurde. Sodann musste sie lang- und mühsam erlernen, mit dem künstlichen Darmausgang mit all seinen Unnanehmlichkeiten zu leben. Die Mandantin war hierdurch in ihrem Alltag sehr eingeschränkt. Jedes Mal, wenn sie das Haus verließ, fühlte sie sich extrem unwohl und war in Sorge um ihre Stomaanlage. Zudem kam es im Stomabereich zu ständigen Hautirritationen mit starken Juckreiz.
Schließlich wurde die Mandantin infolge des Wiederaufflammens der Entzündungszeichen mit einhergehendem Fieber, Schmerzen zwischen Stoma und Rippenbogen und Kreislaufzusammenbruch erneut in die Notaufnahme des Klinikums der Anspruchsgegner eingewiesen. Aufgrund erhöhter laborchemischer Entzündungswerte wurde die Mandantin wieder stationär aufgenommen. Eine durchgeführte CT-Untersuchung zeigte einen neuen Pleuraerguss links und einen kleinen suphrenischen Verhalt. Unter Empfehlung der Fortführung der Antibiotikatherapie bis zum Kontrolltermin wurde die Mandantin schließlich entlassen.
Aufgrund der über einen sehr langen Zeitraum fortgeführten Antibiotikatherpaie entwickelte die Mandantin eine sehr unangenehme Pilzinfektion im Mund- und Vaginalbereich. In der Folgezeit zeigte sich die Naht der Operation zudem an großen Stellen entzündet. Die Mandantin litt unter dauerhaften Spannungsschmerzen im OP-Bereich, wodurch sie nicht aufrecht gehen oder sitzen konnte. Als sie dem behandelnden Arzt im Rahmen der Kontrolluntersuchung in der koloproktologischen Sprechstunde des Klinikums der Anspruchsgegner hierüber berichtete, betrachtete dieser die Narbe der Mandantin nur kurz und teilte ihr mit, dass „alles gut aussehe“. Im späteren Verlauf eiterte das selbstauflösende Nahtmaterial jedoch aus der Wunde heraus.
Nach fünfmonatigem Tragen des Stomas, konnte dieses endlich während eines stationären Aufenthalts in einer anderen Klinik rückverlegt werden. Im Gegensatz zu ihrem Aufenthalt im Klinikum der Anspruchsgegner erhielt die Mandantin während dieses Aufenthalts von Anfang an eine entsprechende Kost und wurde medikamentös adäquat versorgt. So erhielt sie bereits ab dem ersten postoperativen Tag Magnesium Verla Pulver zur Anregung des Darms und Movicol Pulver zur Weichhaltung des Stuhls. Zusätzlich erfolgte eine Mobilisation unter Anleitung eines Physiotherapeuten zur Anregung der Darmtätigkeit.
Zwar hatte sich der Zustand und die Lebensqualtät der Mandantin nach Rückverlegung des Stomas nachhaltig verbessert, es bestanden in den folgenden Monaten jedoch weiterhin starke Schmerzen im Bereich der Operationsnähte. Schließlich kam es zu einem Narbenbruch im Bereich des großen medialen Bauschnittes und im Bereich der Stomaausgangsstelle. Die Mandantin musste sich deshalb erneut im Rahmen eines stationären Aufenthalts einem chirurgischen Eingriff zum Verschluss der Narbenhernie mit zusätzlicher großer Nahtverstärkung im gesamten Bereich des medialen Bauchschnitts und im Bereich des Stomas unterziehen.
Wir fordern Schmerzensgeld.
Insgesamt wurden mithin behandlungsfehlerbedingt drei Revisionsoperationen erforderlich. Die Mandantin leidet zudem bis heute unter den Folgen der fehlerhaften Behandlung im Klinikum der Anspruchsgegner. Denn der dramatische Verlauf ihrer eigentlich als risikoarm eingestuften Operation hat die Mandantin nachhaltig traumatisiert. Als Morbus-Crohn-Patientin lebt sie in ständiger Angst, dass sich das Erlebte wiederholen und eine Stomaanlage erneut notwendig werden könnte. Sie befindet sich seit der streitgegenständlichen Behandlung und bis heute in psychologischer Betreuung.
Aufgrund der vorliegenden Behandlungs- und Aufklärungsfehler haftet die Behandlerseite hier gemäß §§ 280 Abs. 1, 278 BGB i.V.m. dem Behandlungsvertrag.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht