Unsere Mandantin befand sich zunächst aufgrund eines Blasensprunges und der sodann anstehenden Geburt ihres Sohnes in der stationären Behandlung im Klinikum der Anspruchsgegner.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich die Mandantin in der 37 + 6 Schwangerschaftswoche. Nachdem sich zunächst keine Wehen entwickelten, verabreichte man der Mandantin eine antibiotische Prophylaxe und Cytotec. Die Mandantin entwickelte daraufhin unmittelbar starke Wehen.
Im Kreissaal kam es rasch zu Presswehen. Aus der Sorge heraus, dass die Presswehen zu früh sein könnten, gab die Hebamme der Mandantin die Anweisung, die Wehen „wegzuatmen“. Die Mandantin teilte der Hebamme mehrfach mit, dass das nicht gehe. Sodann fand eine Überprüfung des Muttermundes statt, der zu diesem Zeitpunkt bereits weit genug geöffnet war. Dennoch wies die Hebamme die Mandantin an, die Luft bei der Wehe „drin zu behalten“, sie also nicht auszuatmen.
Die Mandantin bemühte sich, die Anweisungen der Hebamme umzusetzen, da sie auf die Erfahrung und Expertise der Hebamme vertraute. Doch schnell stieg der Mandantin die Luft, die sie nicht raus lassen sollte, zu Kopf. Dass sich in ihrem Kopf ein hoher Druck aufbaute, teilte die Mandantin der Hebamme mehrfach mit. Dennoch hielt die Hebamme an ihrer Anweisung fest.
Die Mandantin gebar ihren Sohn unter der Anwesenheit einer weiteren Hebamme und einer Ärztin.
Bereits unmittelbar nach der Geburt, als die Mandantin ihr Neugeborenes auf die Brust gelegt bekam, hatte die Mandantin auf ihrem rechten Ohr kein Hörvermögen mehr. Zudem litt sie unter starkem Schwindel. Über beide Beschwerden informierte die Mandantin das anwesende Personal. Zusätzlich zum Schwindel und dem Gehörverlust musste sich die Mandantin übergeben.
Man brachte der Mandantin Cola und Zucker, um den Kreislauf zu stabilisieren. Hinsichtlich des Gehörverlusts wies die Hebamme die Mandantin an, sich die Nase zu zu halten und einmal fest zu pusten. Als sich am Gehörverlust auch durch das Pusten nichts änderte, unternahmen die Behandler nichts weiter.
Die Behandler prüften wiederholt den Druck im Unterbauch der Mandantin. Hierbei kam es immer wieder zu einem starken Blutausfluss.
Bis die behandelnde Ärztin kam, um den Damriss der Mandantin zu nähen, musste die Mandantin mehr als eine halbe Stunde lang warten. Immer wieder wurde die Mandantin vertröstet. Die Ärztin würde gleich kommen, aber sie sei aktuell noch im Gespräch. Als die Ärztin dann endlich anwesend war, überprüfte diese ebenfalls den Druck auf dem Bauch der Mandantin erneut kam es zu einem starken Blutfluss. Sofort wog die Ärztin die Blutmenge aus und veranlasste eine Ultraschalluntersuchung. Es zeigte sich, dass ein Plazentarest in der Gebärmutter der Mandantin verblieben war. Eine Not-Operation war erforderlich. Diese fand nur wenige Minuten später statt. Konkret führten die Behandler eine Kompression der Gebärmutter und eine manuelle Extraktion von reichlich Koageln aus dem Cavum uteri postnatal durch.
Gravierender Befunderhebungsfehler.
Im Rahmen der Komplikationen hatte die Mandantin einen starken Blutverlust (ca. 2 Liter) erlitten. Die Behandler schoben den Schwindel und die Übelkeit der Mandantin auf den erheblichen Blutverlust. Die Taubheit der Mandantin auf dem rechten Ohr nahmen die Behandler nicht weiter ernst.
Die Beschwerden der Mandantin blieben auch in den folgenden Tagen bestehen. Der Mandantin war permanent schwindelig. Alleine das Zähneputzen verursachte ein unerträglich lautes Dröhnen im Kopf der Mandantin. Die Mandantin sah doppelt und war extrem geräuschempfindlich. Sie musste sich regelmäßig übergeben. Ihr rechtes Ohr war nach wie vor gänzlich zu.
Aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen war es der Mandantin kaum möglich, sich umfassend um ihr Neugeborenes zu kümmern. Sie konnte ihren Sohn aufgrund ihrer Beschwerden nicht ausreichend stillen. Unter anderem aufgrund der zu geringen Trinkmenge kam es zu einer Neugeborenengelbsucht, die auf der Kinderintensivstation des Klinikums der Anspruchsgegner behandelt werden musste, wobei der Neugeborene mit Prä-Nahrung zusätzlich gefüttert wurde.
Die Mandantin wies die Behandler, insbesondere die für die Mandantin zuständige Assistenzärztin, im Rahmen der täglichen Visite jeden Tag auf den weiterhin bestehenden Gehörverlust und die sonstigen Beschwerden hin und bat um ein Hals-Nasen-Ohren-ärztliches Konsil. In diesem Zusammenhang erklärte die Mandantin den Behandlern wiederholt, dass der Gehörverlust bereits unmittelbar bei bzw. nach der Geburt, jedenfalls vor dem starken Blutverlust und der Not-Operation, eingetreten sei.
Dennoch wurde die Mandantin Tag für Tag vertröstet. Schließlich entfernte man der Mandantin den Katheter und fuhr sie in einem Rollstuhl zu ihrem Sohn, der wegen der Neugeborenengelbsucht auf der Intensivstation des Hauses untergebracht war. Auf der kurzen Rollstuhl-Fahrt kippte der Mandantin ihr Kopf nach rechts weg. Sie konnte ihren Kopf nicht mehr kontrolliert zur Seite neigen.
Die Mandantin machte sich mehr und mehr Sorgen um den immer noch bestehenden Gehörverlust und die Beeinträchtigung des Gleichgewichtsorgans. Sie drängte immer weiter auf einen Termin mit einem HNO-Arzt. Die Gehversuche der Mandantin scheiterten immer noch. Auch im Liegen litt die Mandantin unter starkem Schwindel.
8 Tage nach der Geburt beschwerte sich die Mandantin ausdrücklich über die Verschleppungstaktiken seitens der Behandler und forderte abermals einen Termin mit einem HNO-Arzt.
Erst jetzt (ganze 8 Tage nach dem Auftreten des Gehörverlusts !!!) kam es endlich zu dem lange geforderten HNO-Konsil der Mandantin. Der Behandler untersuchte die Mandantin 2 Minuten lang und äußerte sodann den Verdacht einer Ruptur der Rundfenstermembran. Er erklärte der Mandantin, dass es für eine operative Versorgung inzwischen zu spät sei. Eine solche hätte deutlich früher erfolgen müssen. Dafür, dass die Zeit für eine erfolgsversprechende Operative Behandlung abgelaufen sei, könne sich die Mandantin bei der Station bedanken. Im Anschluss an das HNO-Konsil kam es zu offenen Anschuldigungen zwischen dem HNO-Arzt und der gynäkologischen Assistenzärztin.
Echter Dauerschaden.
Noch am selben Nachmittag verbrachte man die Mandantin zusammen mit ihrem Sohn in die HNO-Klinik, um eine umfassendere Untersuchung durchzuführen.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit konnten dennoch nicht alle Untersuchungen erfolgen. Die Behandler der HNO-Unilinik äußerten ebenfalls den Verdacht einer Rundfenstermembran-Ruptur. Außerdem hielten sie einen Hörsturz für möglich.
Da bei beiden Diagnosen eine adäquate Behandlung aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr möglich war, sollte die Mandantin am nächsten Tag wieder vorstellig werden.
Die Mandantin wurde sodann in einem ungeheizten Krankenwagen, ihr Neugeborenes provisorisch in einen Schlafsack gewickelt, wieder zurück ins Klinikum der Anspruchsgegner gebracht, wo sie am nächsten Morgen entlassen wurde.
Unter anhaltenden Beschwerden stellte sich die Mandantin am nächsten Tag erneut in der HNO-Uniklinik vor. Die Behandler legten sich nach wie vor nicht auf eine der beiden möglichen Ursachen der Beschwerden der Mandantin fest, empfahlen jedoch in jedem Fall eine Cortisontherapie. Diese fand sodann intravenös, im Rahmen eines stationären Aufenthaltes der Mandantin in der städtischen Uniklinik statt.
Der Aufenthalt war für die Mandantin enorm belasten. So machte sie sich große Sorgen aufgrund des verabreichten Kortisons und dem Stillen. Generell bereitete der Aufenthalt auf der HNO-Station mit einem Neugeborenen große Probleme. Die Mandantin empfand den Umgang der Behandler mit ihr, die sich noch im Wochenbett befand, und ihrem Kind als insgesamt unsensibel und nicht emphatisch. Die Behandler brachten keinerlei Verständnis für die Sorge der Mandantin um ihr neugeborenes Kind (hinsichtlich der Medikamente) auf. Regelmäßig kam es zu lauten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ärzten und zu Anspielungen auf das „Versagen“ des Klinikums der Anspruchsgegneres.
Nochmals einen Tag später fand ein gynäkologisches Konsil statt. Hierbei entdeckte der Behandler einen Plazentarest in der Gebärmutter. Er erläuterte der Mandantin, sehr wahrscheinlich habe sich die bei der Operation gesetzte Naht gelöst. Dies sei sicherlich auf das viele Gehen und die hohe generelle Belastung der Mandantin in den vergangenen Tagen zurück zu führen. Man verschrieb der Mandantin Fosfomycin und veranlasste eine Nachkontrolle.
Aufgrund der hohen psychischen Belastung beendete die Mandantin den stationären Aufenthalt in der HNO-Uniklinik nach 3 Tagen.
Heute leidet die Mandantin an einem Hörverlust auf ihrem rechten Ohr. Gleichzeitig hat sie die Fähigkeiten des räumlichen Hörens und des Stereo-Hörens verloren.
Außergerichtliche Regulierung.
Mit dem Verlust des Hörvermögens gehen diverse Beschwerden und Beeinträchtigungen einher, die die Mandantin täglich zu spüren bekommt.
Zum einen besteht eine enorme Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes der Mandantin. Bis heute leidet die Mandantin regelmäßig unter Schwindel. So ist es der Mandantin nur im knien möglich, zu duschen. Der Schwindel bringt eine starke Gangunsicherheit mit sich, die insbesondere beim Tragen des Babys sowohl für die Mandantin, als auch für ihren Sohn gefährlich ist.
Sobald die Mandantin ihr Gleichgewichtsorgan durch Stress oder eine Reizüberflutung beansprucht, treten „Ausfälle“ ein, die sich in starkem Schwindel und Schusseligkeit zeigen. Die Mandantin fühlt sich dann, wie als befände sie sich auf einem Schiff mit starkem Seegang. Es kommt nicht selten zu Orientierungslosigkeit, sowie zu Übelkeit mit Erbrechen.
Aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen wurde der Mandantin zeitweise sogar die Teilnahme am Straßenverkehr untersagt.
Eventuell kann der Mandantin in Zukunft ein CI-Implantat eingesetzt werden. Eine solche Operation könnte die Beschwerden der Mandantin zwar mildern, eine vollständige Kompensation des Hörverlustes und der Beeinträchtigungen des Gleichgewichtsorgangs wird jedoch nicht möglich sein.
Die körperlichen Einschränkungen haben die Mandantin auch psychisch stark belastet. Insbesondere die große Sorge um ihr Neugeborenes und die Angst, sich nicht richtig um ihren Sohn kümmern zu können prägen die Gedanken der Mandanten bis heute. Vor allem belastet die Mandantin die ständige Angst, ihr Kind nachts nicht zu hören, wenn sie auf ihrem gesunden Ohr schläft.
Die Mandantin leidet in Folge der traumatischen Ereignisse unter einer Anpassungsstörung in Form einer depressiven Reaktion. Damit gehen starke Zukunftsängste einher.
Wir beantragen die Durchführung eines MDK-Gutachtenverfahrens zwecks Prüfung auf Behandlungs-/Aufklärungsfehler durch einen Facharzt des der streitigen Behandlung entsprechenden Fachgebiets. Unsere Mandantschaft hat vorliegend Anspruch auf Schadensersatz aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung.
Unser Ziel ist es, für unsere Mandantin eine angemessene Entschädigung auf außergerichtlichem Wege herbeizuführen. So vermeiden wir die hohen Kosten und die lange Dauer eines gerichtlichen Prozesses.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht