Unsere Mandantin befand sich zunächst wegen einer Endometriosesanierung bei Kinderwunsch in einem Universitätsklinikum. Sie litt unter einer schweren tiefinfiltrierenden Endometriose der Klassifikation rASRM IV mit Nierenstauung links.
Es erfolgte eine laproskopische Sanierung der Endometriose durch drei behandelnde Ärzte. Hierbei fand eine Resektion der Endometriose linke Fossa ovarica, eine Resektion der tief infiltrierenden Endometriose des Mpatium rektovaginale und eine Resektion der Endometriose Vagina statt. Die Behandler lagerten die Mandantin während dem Eingriff in Steinschnittlage.
Im Vorfeld des Eingriffes war unsere Mandantin zwar über die allgemeinen Risiken der Endometriose-Operation und der Anästhesie aufgeklärt worden, das Auftreten eines Kompartmentsyndroms als mögliche Folge der Operation wurde jedoch sowohl in der mündlichen Aufklärung, als auch im schriftlichen Aufklärungsbogen nicht erwähnt. Und dies, obwohl es sich vorliegend um eine lange Operation von insgesamt 5 Stunden und 33 Minuten handelte, bei der ein erhöhtes Risiko für lagerungsbedingte Schäden, wie etwa ein Kompartmentsyndrom, besteht.
Unmittelbar nachdem die Mandantin aus der Narkose erwacht war, spürte sie starke Schmerzen in beiden Beinen. Sie schrie vor Schmerz und versuchte, ihre Beine anzuheben. Ohne Erfolg. An beiden Beinen war eine starke Schwellung aufgetreten (die Füße waren ca. 55 cm dick) Aufgrund der starken Schwellung waren die Fußknöchel nicht mehr zu erkennen. Gleichzeitig waren beide Beine glühend heiß und rot gefärbt. Da die Mandantin als medizinische Fachangestellte über eine gewisse Erfahrung mit medizinischen Sachverhalten verfügt, war ihr sofort klar, dass während der Operation etwas schief gelaufen sein musste.
Lagerungsschaden.
Die Behandler diagnostizierten die Kompartmentspaltung am linken Unterschenkel der Mandantin erst am auf die Operation folgenden Tag und damit ganze 15 (!!!) Stunden später, obwohl die Mandantin unmittelbar nach der Operation mehrfach und deutlich auf die schwerwiegenden Symptome hingewiesen hatte.
Zu diesem Zeitpunkt war der CK-Wert der Mandantin drastisch erhöht. Die auf die Operation folgende Nacht litt unsere Mandantin an enormen Schmerzen. Niemand teilte unserer Mandantin eine konkrete Diagnose als Ursache für ihre Leiden mit.
Insgesamt fühlte sich unsere Mandantin im Universitätsklinikum der Anspruchsgegner nicht gut aufgehoben. Unmittelbar nach der ersten Operation, als die starken Schmerzen auftraten, wurde sie von den Behandlern nicht ernst genommen. Als dann letztlich, auf mehrfaches Drängen der Mandantin hin, ein MRT angeordnet wurde, musste die Mandantin trotz ihrer enormen Schmerzen und nur in Netzhose bekleidet mehrere Stunden in einem Wartebereich vor dem MRT Raum warten. Da die Mandantin unmittelbar aus einer 5,5 Stunden langen OP kam, musste sie urinieren. Das Pflegepersonal wies die mehrfachen Bitten nach einem Topf hierfür zurück. So kam es dazu, dass die Mandantin vor allen anderen anwesenden Patienten und Patientinnen in ihr Bett urinierte. Da die Mandantin aufgrund der Gesamtsituation sehr aufgewühlt war, verabreichte man ihr das Präparat Lyrica, ohne sie genauer darüber zu informieren. Im MRT erlitt unsere Mandantin eine starke Panikattacke. Grundsätzlich litt die Mandantin bis zu diesem nicht unter Angststörungen oder Panikattacken. Als die Mandantin später erfuhr, was ihr verabreicht worden war, wies sie die Behandler auf die Nebenwirkungen des Präparates - Panikattacken, körperliche Unruhe, geistige Beeinträchtigungen - hin. Seitens der Behandler wurde ein Zusammenhang zwischen der Panikattacke im MRT und der Gabe des Präparats „Lyrica“ bestritten.
Nach dem ersten MRT legte das Personal die Mandantin zurück in das nasse Bett, wo sie auf die Durchführung eines zweiten MRTs warten sollte. Während dieser gesamten Wartezeit standen der Mandantin weder Essen noch Trinken zur Verfügung. Auch die dringende Bitte nach Schmerzmittel fand seitens des Pflegepersonals keine Beachtung.
Schließlich erfolgte sodann die notfallmäßige Indikation bei Reperfusionssyndrom. Die Kompartmentspaltung erfolgte nur am linken Bein der Mandantin, da die rechte Wade der Mandantin zwar geschwollen, aber noch weich war.
Vor der Operations wurde der Mandantin seitens der Behandler angekündigt, sie würde vielleicht „ihre Beine verlieren“. Dass die Operation schließlich erfolgte, hat die Mandantin einem jungen engagierten Arzt zu verdanken, der als einziger Behandler die Initiative ergriff und seine Kollegen aufforderte, die Mandantin zu operieren.
Dauerschaden.
An den Folgetagen blieben die Schmerzen in den Beinen bestehen. Zusätzlich traten Sensibilitätsstörungen und Übelkeit auf. Die Mandantin wies den Behandler auf die wieder ansteigenden Schmerzen und die zunehmende Schwellung der Beine hin. Dieser informierte den diensthabenden Oberarzt der Orthopädie mit der Bitte um Mitbeurteilung. Am nächsten Tag erfolgte schließlich ein erneuter Verschluss des Kompartmentsyndroms am linken Unterschenkel.
Trotz dem über mehrere Tage auftretenden starken Harndrang und den steigenden Schmerzen (wie bei einer Blasenentzündung) entfernte das Pflegepersonal den Katheter der Mandantin unter Hinweis auf die dann notwendige Unterstützung beim Toilettengang nicht. Auch die tägliche Wäsche wurde unserer Mandantin teilweise verweigert. Die durch die Schmerzen der Endometriose-Operation und die Folgen der beiden Verschlüsse des Kompartmentsyndroms sehr eingeschränkte Mandantin wurde darauf hingewiesen, dass sie sich dann „selbst versorgen“ müsse.
Erst ganze 3 Tage nach dem Auftreten der blasenentzündungsähnlichen Schmerzen, wurde der Mandantin schließlich der Katheter gezogen.
Nochmals einen Tag später kam ein Orthopäde zur Visite. Dieser teilte der Mandantin mit, dass man nach der Endometriose-Operation innerhalb der ersten 4 Stunden hätte Eingreifen müssen, um schlimmere Folgen des Kompartmentsyndroms zu verhindern. Er empfahl der Mandantin, sich zwei weitere Kissen und Kühlpacks geben zu lassen, um die Füße hochzulagern und zu kühlen. Auf die Bitte unserer Mandantin hin wurden ihr zwar die Kühlpacks gebracht. Die Kissen allerdings verweigerte das Personal ihr.
Zwei weitere Tage später litt die Mandantin unter einer Blasenentzündung mit Schmerzen auf der linken Nierenseite. Schließlich wurde die Mandantin entlassen. Die Behandler empfahlen die Fortführung der Thromboseprophylaxebis zur Vollmobilisation und eine ambulante orthopädische Anbindung.
Die Mandantin befand sich sodann in der stationären Rehabilitation in einer Reha Klinik. Bis heute sind häufige ambulante Nachbehandlungen wie etwa bei dem Hausarzt der Mandantin, Krankengymnastik, Lymphdrainage, und eine psychologische Betreuung erforderlich.
Bis heute leidet die Mandantin unter einer Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Taubheitsgefühl in den Beinen, Sensibilitätsstörung, Muskelschwäche, neurologischen Schmerzen, Ödemen an beiden Beinen , fehlender Kälte- und Wärmeempfindung am linken Bein, zwei langen (15 cm und 20 cm) und Narben an der Außen- und Innenseite des linken Unterschenkels.
Die traumatischen Erfahrungen, die unsere Mandantin während ihres stationären Aufenthaltes im Universitätsklinikum machen musste, haben sich auch in psychologischer Hinsicht negativ auf den gesundheitlichen Zustand der Mandantin ausgewirkt. So leidet sie heute noch unter
Schlaf und Angststörungen, Depression, Zukunftsängsten , Antriebslosigkeit , Reizbarkeit , Phobien und Alpträumen.
Wir streben die außergerichtliche Lösung an.
Die Behandlung unserer Mandantin im Universitätsklinikum der Anspruchsgegner war grob fehlerhaft.
Die Lagerung der Patientin während der Operation hätte fachgerecht erfolgen müssen. Zu dem Kompartmentsyndrom des linken Unterschenkels und der Schwellung des rechten Beines wäre es dann nicht gekommen. Die Lagerung eines Patienten während einer Operation gehört zu den auf Behandlerseite voll beherrschbaren Risiken, sodass das ärztliche Fehlverhalten hier schon alleine aus diesem Grund als grob zu bewerten ist. Auch hätte eine schnelle und umfassende Befunderhebung und sodann eine zeitnaher Verschluss des Kompartmentsyndroms erfolgen müssen.
Durch einen rechtzeitigen Eingriff hätten die gravierenden Folgen des Kompartmentsydnroms verhindert werden können. Außerdem hätte unsere Mandantin präoperativ über das Risiko eines Kompartmentsyndroms informiert werden müssen. Wäre dies geschehen, hätte sie sich voraussichtlich eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt, bevor sie sich für diesen Eingriff entschieden hätte. Letztlich hätte die Mandantin auch über die Gabe des Präparats „Lyrica“ informiert werden müssen. Dass ein Patient nicht über die ihm verabreichten Medikamente informiert wird, verstößt gegen die Informationspflicht des Behandlers aus §630c BGB.
Wir beantragen die Durchführung eines MDK-Gutachtenverfahrens zwecks Prüfung auf Behandlungs-/Aufklärungsfehler durch einen Facharzt des der streitigen Behandlung entsprechenden Fachgebiets. Unsere Mandantschaft hat vorliegend Anspruch auf Schadensersatz aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung. Unser Ziel ist es, für die Mandantin eine angemessene Entschädigung auf außergerichtlichem Weg zu erreichen. So vermeiden wir die hohen Kosten und die lange Dauer eines Gerichtsprozesses.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht