Unsere Mandantin litt seit über 20 Jahren an persistierenden, zunehmenden Kreuzschmerzen mit Schmerzausstrahlung in beide Beine über die Vorderseite bis zum Knie. Mittels einer CT-Untersuchung diagnostizierte der behandelnde Orthopäde unserer Mandantin eine Spinalkanalstenose.
Zur Behandlung begab sich unsere Mandantin in das Klinikum der Anspruchsgegner. Dort erfolgte am durch einen Belegarzt eine operative Dekompression des Spinalkanals LKW 2 bis SWK 1 rechts.
Die Indikation zur Operation wurde trotz des bestehenden Übergewichts der extrem multimorbiden Patientin (117 Kg bei 165 cm Körpergröße) und ihrer Ablehnung von Bluttransfusionen aus Glaubensgründen gestellt.
Die Aufklärung unserer Mandantin über die geplante Dekompression des Spinalkanals erfolgte anhand eines schriftlichen Aufklärungsbogens, den der Operateur rasch mit der Patientin besprach. Dort sind die Risiken der Operation, insbesondere auch ein mögliches Unterdrucksymptom, erwähnt. Der Behandler drängte unsere Mandantin jedoch zu der Operation, indem er mehrfach erklärte, dass eine Operation zwingend nötig sei, da es ihr sonst in einem halben Jahr nur noch mittels eines Rollstuhls möglich sei, sich fortzubewegen. Außer dem Rollstuhl gäbe es keine Alternative zur Operation. Zudem verharmloste der Operateur die Risiken des Eingriffes, indem er versicherte, dass die Undichtigkeit der Rückenmarkshäute „sehr selten“ vorkäme und insofern ein „sehr geringes Risiko“ bestehe. Auch drängte er unsere Mandantin zu einer zügigen Entscheidung, da er keine Lücken in seinem OP-Plan haben wollte.
Bei einer schonungslosen Aufklärung über die Risiken des Eingriffes hätte sich unsere Mandantin in einem echten Entscheidungskonflikt befunden und sich eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt. Wenn unsere Mandantin gewusst hätte, dass aufgrund einer Wundheilungsstörung noch mehrere Operationen in Vollnarkose auf sie zukommen könnten, hätte sie sich für das Leben im Rollstuhl entschieden.
Im Operationsbericht dokumentiert der Operateur, dass zum Verschluss der Dura nach Punktion zur Höhenlokalisation ein kleines Tachosil-Stück aufgeklebt und eine aus dem Zugangsgebiet entnommene epidurale Fettplastik angelegt wurde. Unter der Therapie im entsprechenden Bericht ist diese Verletzung der Dura nicht erwähnt. Im Entlassungsbericht ist die Operation trotz der Läsion der Dura als „komplikationslos“ beschrieben.
Gravierender Behandlungsfehler.
Postoperativ kam es bei unserer Mandantin zu starker Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen, insbesondere bei einem Lagewechsel von horizontal nach vertikal - typische Symptome einer Unterdrucksymptomatik. Obwohl unsere Mandantin dem Personal von ihren Beschwerden berichtete, geschah zunächst nichts.
Erst Stunden nach der Operation, als unsere Mandantin auf die Pflegestation verlegt worden war, entdeckte die Nachtschwester, dass die Wunddrainage kein Wundsekret, sondern Liquor mit Unterdruck förderte. Bei einer früheren Kontrolle der Wunddrainage durch das Pflegepersonal war dieser Umstand nicht bemerkt worden.
Sodann klemmte die Schwester die Drainage ab, um weiteren Unterdruck zu verhindern. Am nächsten Tag wurde die Drainage vom Operateur entfernt. Dieser führte die Beschwerden auf ein Liquorverlustsyndrom zurück und veranlasste die Therapie mit Novaminsulfon und Ondansetron, sowie eine intravenöse Flüssigkeitszufuhr. Im falsch datierten Entlassbrief des Klinikums ist angegeben, dass diese Maßnahmen die Beschwerden sukzessive verbesserten. Trotz des diagnostizierten Liquor-Lecks wurde die post-operative physiotherapeutische Mobilisation unserer Mandantin fortgeführt, was zu einer Erweiterung des zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Liquor-Lecks führte.
Am Folgetag teilte der Operateur unserer Mandantin mit, das Liquor-Leck habe sich spontan verschlossen. Es müsse nun nur noch ein bisschen abgewartet werden, bis sich das Hirnwasser nachgebildet hätte. Solange würden die Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen noch anhalten.
Auf die mehrfache Bitte unserer Mandantin hin, den Verschluss des Liqour-Lecks mittels bildgebender Verfahren zu überprüfen, reagierte der Behandler abweisend unter Hinweis auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Eine CT- oder MRT-Untersuchung zur weiteren Abklärung fand nicht statt.
Insgesamt erfolgte die Versorgung durch Ärzte- und Pflegepersonal im Klinikum mangelhaft. Obwohl unsere Mandantin post-operativ zunächst orientiert und kontinent war, legte man ihr Inkontinenzeinlagen an und wies sie darauf hin, sich nicht mittels Klingel beim Pflegepersonal wegen der Unterstützung beim Toilettengang zu melden.
Schwere Gesundheitsschäden.
Unsere Mandantin wurde sodann zu einer Rehabilitation angemeldet. Erst danach sollte sie sich erneut bei ihrem Operateur vorstellen. Für den Zeitraum zwischen ihrer Entlassung und der Aufnahme in der Reha-Klinik 4 Tage später, übergab der Operateur unsere Mandantin trotz ihres schlechten Allgemeinzustands und der fortbestehenden Unterdruck-Symptomatik in die häusliche Pflege.
Auf die Nachfrage der Tochter unserer Mandantin hin, ob ihr Mutter in diesem schlechten Zustand wirklich entlassen werden könne, teilte man ihr mit, ihre Mutter müsse sich nur mehr „zusammenreißen“. Es sei „alles in Ordnung“, ihre Mutter wurde sich nur „so leidend stellen“.
In der häuslichen Pflege durch ihre Tochter wurde der Zustand unserer Mandantin zunehmend schlechter. Der allgemein Zustand unserer Mandantin war so schlecht, dass sie apathisch im Bett lag. Sie konnte selbst mit Hilfe kaum zur Toilette gehen. Es traten starke Schmerzen auf. Die Übelkeit nahm immer mehr zu. Letztlich erbrach unsere Mandantin grüne Galle. Zusätzlich war unsere Mandantin so dehydriert, dass eine notfallmäßige stationäre Einweisung in einem Universitätsklinikum, Abteilung für Neurochirurgie, erfolgte.
Ein CT der LWS wies eine ausgeprägte Flüssigkeitsansammlung im Bereich der LWS in einem craniocaudalen Ausmaß von 14 cm nach, zurückzuführen auf ein Liquor-Leck. Deshalb wurde der LWS-Bereich im Universitätsklinikum revidiert. Nach Wundöffnung entleerte sich „ein großer Liquorverhalt“. Außerdem zeigte sich ein ausgedehnter, etwa 2 cm langer Durariss.
Die Behandler im Universitätsklinikum nähten den Riss der Dura und versorgten ihn mit Tachosil. Sodann legten sie eine Fettplombe auf und untersprizten mit Fibrinkleber. Der intra- und postoperative Verlauf war komplikationslos. Wenige Tage später konnte unsere Mandantin in die Rehabilitation entlassen werden.
In der Folgezeit wurde unsere Mandantin aufgrund von wiederauftretenden Liquorunterdrucksymptomen und einer Verschlechterung der aufgetretenen persistierenden Wundheilungsstörung in die Neurochirurgie des Universitätsklinikums rückverlegt. Dort diagnostizierte man eine komplexe Wundheilungsstörung nach lumbalen Eingriff.
Wir beantragen ein MDK-Gutachten.
Im Universitätsklinikum wurde unsere Mandantin 4 Mal operiert. Im Rahmen des ersten Eingriffes fand eine Wundrevision und eine Anlage einer VAC-Pumpe statt. Der zweite und dritte Eingriff beinhaltete einen VAC-Wechsel, ein Wunddebridement und eine erneute VAC-Anlage. Beim letzten Eingriff fand ein ausgiebiges Wunddebridement und ein Wundverschluss mit Augmentation mit autonomer Platelet-Rich-Fibrin statt. Anschließend erfolgte eine Antibiose mit Linezolid.
Nach einem längeren stationären Aufenthalt konnte unsere Mandantin nach Hause entlassen werden. In der Folge besserten sich die Beschwerden. Die Wundverhältnisse waren reizlos.
Infolge der mangelhaften Aufklärung durch den Operateur der ersten Operation und der fehlerhaften Behandlung unserer Mandantin im Rahmen ihres Aufenthaltes im Klinikum der Anspruchsgegner kam es bei unserer Mandantin zu einem Liquorverlustsyndrom, welches zunächst nicht erkannt wurde und damit unbehandelt blieb. In der Folge erlitt unsere Mandantin über viele Tage lang die für ein solches Syndrom typischen Symptome wie starke Kopfschmerzen bis hin zur drohenden Ohnmacht bei Lagewechsel, Übelkeit und Erbrechen, Bettlägerigkeit und die daraus resultierenden psychischen Belastungen. Erst nach Tage nach ihrer Entlassung aus dem Klinikum konnte den Beschwerden unserer Mandantin mittels einer notfallmäßigen Wundrevisionsoperation im Universitätsklinikum abgeholfen werden.
Insbesondere die Entlassung unserer Mandantin in die häusliche Betreuung, trotz des schlechten Allgemeinzustands und der weiterhin bestehenden Unterdrucksymptomatik, führte zu einer gravierenden Verschlechterung des Zustandes unserer Mandantin, unter der Sie viele Tage lang litt. So entstand eine entsprechend hohe traumatische psychische Belastung.
Wir beantragen die Durchführung eines MDK-Gutachtenverfahrens zwecks Prüfung auf Behandlungs-/Aufklärungsfehler durch einen Facharzt des der streitigen Behandlung entsprechenden Fachgebiets. Unsere Mandantschaft hat vorliegend Anspruch auf Schadensersatz aus einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung.
Unser Ziel ist es, im Rahmen von außergerichtlichen Regulierungsverhandlungen eine angemessene Entschädigung für unsere Mandantin zu erhalten. So können wir die hohen Kosten und die lange Dauer eines Gerichtsprozesses vermeiden.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht