Ein aktueller Fall unserer Kanzlei aus dem Bereich des Arzthaftungsrechts: Nachdem unserem Mandanten ein für ihn ungeeignetes Schraub-Stab-System zur Stabilisierung der Wirbelsäule eingesetzt wurde, bricht eine der Schrauben. Dieser Bruch bleibt mangels ausreichender Befunderhebung zunächst unerkannt und wird anfangs falsch therapiert. Die Folge: unser Mandant erleidet schwerste Einschränkungen in seiner Bewegungsfähigkeit, eine Nervenschädigung und ein chronisches Schmerzsyndrom. Wir fordern Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 120.000 Euro.
Therapiefehler bei Wirbelsäulenversteifung.
Aufgrund starker Rückenschmerzen stellte sich unser Mandant in der orthopädisch-/ traumatologischen Sprechstunde eines Universitätsklinikums vor. Die Ärzte dort diagnostizierten ein Wirbelgleiten (Grad 2 nach Meyerding) mit chronischen rechtsseitigen Lumbalgien, sowie ein ISG-Syndrom rechts (Erkrankung der unteren Wirbelsäule und des Beckens).
Aufgrund dieser Diagnose führten die Behandler bei unserem Mandanten noch am selben Tag eine Facettenblockade durch. Außerdem erhielt unser Mandant ein Gipskorsett, welches er eine Woche lang tragen sollte.
All diese Maßnahmen blieben erfolglos. Wegen der andauernden Beschwerden erfolgte knapp vier Monate später die stationäre Aufnahme unseres Mandanten im betreffenden Universitätsklinikum. Operativ führten die Ärzte eine Wirbelsäulenversteifung (Spondylodese) durch, wobei unserem Mandanten das Schraubensystem „Revolve“ eingesetzt wurde.
Da nach der Entlassung immer noch Schmerzen auftraten, begab unterzog sich unser Mandant einer Anschlussheilbehandlung in einer nahegelegenen Klinik. Im Anschluss an diese Heilbehandlung fand im Universitätsklinikum eine Nachuntersuchung statt. In diesem Zusammenhang fertigten die Ärzte eine Röntgenaufnahme an. Aufgrund der Aufnahme gingen die Ärzte von einer regelgerechten postoperativen Implantatlage aus. Sie sahen keinen Hinweis auf ein Materialversagen oder ein Sich-Verschieben des Implantats. Allerdings erfolgte im Rahmen dieser Untersuchung keine Computertomographie.
De Schmerzen hielten an. Unser Mandant stellte sich abermals im Klinikum vor. Wieder nahmen die Ärzte keinerlei nativ-radiologische Maßnahmen vor. Dennoch wurde unserem Mandanten erklärt, dass mit der Wirbelsäulenversteifung alles „in Ordnung“ sei. Dass eine solche „Diagnose“ von den Ärzten gestellt wurde, ohne dass weitere Untersuchungen erfolgten, erscheint schlechthin unverständlich.
Kunstfehler verursachen chronisches Schmerzssyndrom.
Über ein Jahr lang steigerten sich die Beschwerden unseres Mandanten stetig. Zu den „normalen“ Rückenschmerzen traten brennende Schmerzen im unteren Rücken, sowie Taubheitsgefühle und Kribbeln im rechten Bein. In einer orthopädischen Gemeinschaftspraxis schließlich, entdeckte man einen Schraubenbruch, den dann auch die Ärzte des Uni-Klinikums anhand der Fremdaufnahmen erkannten.
Als Therapie verschrieb man unserem Mandanten lediglich die konservative Behandlung in Form einer Physiotherapie. Diese Maßnahmen sollten die Rückenschmerzen bessern. In den Behandlungsakten ist vermerkt dass wegen des Schraubenbruchs „kein Handlungsbedarf“ gesehen wurde. Eine eigene Röntgenuntersuchung oder gar eine CT-Untersuchung, um die nur anhand von Fremdaufnahmen gestellte Diagnose abzuklären, erfolgte nicht.
In der Folgezeit besuchte unser Mandant noch weitere niedergelassene Orthopäden bzw. Neurochirurgen. Bei diesen Untersuchungen stellte sich heraus, dass nicht nur eine, sondern mehrere untere Schrauben gebrochen waren. Außerdem diagnostizierte ein Orthopäde eine leichte Verbiegung im Seitbild der kontralateralen Schraube. Bei einer CT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule zeigte sich ferner, dass die Gelenkfortsätze durch die Schraubenköpfe irritiert waren.
Unserem Mandanten wurde empfohlen, das zur Wirbelsäulen-Stabilisierung eingesetzte Schrauben-Stab System entfernen zu lassen. Diese Revisionsoperation erfolgte schließlich in einem Belegkrankenhaus.
Wenige Monate später stellte sich bei unserem Mandanten erneut ein brennendes Kribbeln ein - dieses Mal im linken Oberschenkel. In Folge dessen stellte sich unser Mandant abermals im Belegkrankenhaus vor. Durch diverse neurologische Untersuchungen diagnostizierten die Ärzte eine Schädigung des Nervus cuntaneus femoris lateralis, sowie ein chronisches Schmerzsyndrom. Nach einer ersten, erfolglosen Schmerztherapie besuchte unser Mandant eine Reha-Klinik.
Wir fordern ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 120.000 Euro.
Im Entlassungsbericht der Reha ist gut beschrieben, unter welchen Einschränkungen und Beschwerden unser Mandant fortan leidet. Seine Halswirbelsäule kann er nur bis zu 65 Grad drehen. Seitlich gelingt ihm höchstens eine Neigung von bis zu 15 Grad. Auch die Seitenneige der Lendenwirbelsäule, sowie die Rumpfbeuge sind nur sehr eingeschränkt möglich. Insgesamt wirkt unser Mandant „sehr eingesteift“, so die Akte.
Das Universitätsklinikum hat es mehrfach versäumt, frühzeitig alle erforderlichen Befunde zur Abklärung der andauernden Rückenschmerzen zu erheben. Nicht nur, dass postoperativ keine CT-Untersuchung erfolgte, sondern auch, dass bei späteren Untersuchungen auf eigene radiologische Befunde verzichtet wurde, oder lediglich Röntgenaufnahmen erfolgten, stellt einen Befunderhebungsfehler dar. Denn spätestens, als der Schraubenbruch auf mehreren Röntgenaufnahmen zu erkennen war, hätte eine umfassende diagnostische Abklärung mittels CT oder MRT erfolgen müssen.
Zudem werfen wir den behandelnden Ärzten des Universitätsklinikums Therapie- und Diagnosefehler vor. Das bei unserem Mandanten eingesetzte Schraub-Stab-System war für ihn - einen Mann mit einem Körpergewicht von 110 kg - ungeeignet. Um sicherzugehen, dass keine Folgeschäden auftreten, hätten die Behandler unserem Mandanten ein Schraub-Stab-System mit einer ausreichenden Belastbarkeit implantieren müssen. Dass die andauernden, postoperativen Beschwerden von den Ärzten auf das ISG-Syndrom zurückgeführt wurden, und die gebrochene Schraube bei ihnen „keinen Handlungsbedarf“ weckte, stellt einen fundamentalen Diagnosefehler dar. Gerade vor dem Hintergrund, dass unser Mandant post-operativ zunächst beschwerdefrei war, die Schmerzen nur eben zügig aber andersartig zurückkamen, hätte sich der Zusammenhang dieser Symptomatik mit dem erkennbar defekten Schraub-Stab-System aufdrängen müssen. Ein verständiger Arzt hätte folglich an der längst überholten ISG-Syndrom Diagnose zweifeln müssen.
Behandlungsfehlerbedingt leidet unser Mandant unter dauerhaften Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Fortan werden ständige Nachbehandlungen nötig sein. Zuletzt erfolgte ein stationärer Aufenthalt zur Infiltration und Denervation der Facettengelenke.
Weitere Operationen zur Stabilisierung der Wirbelsäule oder zur Behandlung der Nervenschädigung sind wahrscheinlich erforderlich. Wegen der fehlerhaften Behandlung des Universitätsklinikums hat unser Mandant heute einen Grad der Behinderung von 60. Schadensbedingt ist unser Mandant arbeitsunfähig und wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach dauerhaft bleiben.
Wir fordern für unseren Mandanten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 120.000 Euro. Zudem steht unserem Mandanten der Ersatz des bisher entstandenen und zukünftig entstehenden Haushaltsführungsschadens, sowie des Erwerbsschadens zu. Weiter fordern wir festzustellen, dass das Universitätsklinikum auch künftig für alle unserem Mandanten aufgrund der Behandlungsfehler entstehenden materiellen und immateriellen Schäden ersatzpflichtig ist.
Aktuell befinden wir uns mit der Gegenseite in außergerichtlichen Regulierungsverhandlungen. Sollten diese Gespräche nicht fruchtbar sein, werden wir die unserem Mandanten zustehenden Ansprüche best möglichst vor Gericht durchsetzen.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht