Unsere Mandantin litt unter starken Unterbauchschmerzen. Als sie eine Woche nach dem Beginn der Beschwerden bemerkte, dass die Schmerzen inzwischen in ihr linkes Bein ausstrahlten, suchte sie das beklagte Klinikum auf. Unsere Mandantin konnte ihr Bein nicht mehr richtig belasten. Beim aufrechtem Stehen oder Gehen kam eine bläuliche Verfärbung des Beins hinzu, die bei Hinlegen wieder verschwand.
Bei der Aufnahme in der Notfallstation berichtete sie von all ihren Beschwerden. Dennoch waren die Verfärbungen des Beins nicht in der Akte festgehalten worden. So vermutete der erste behandelnde Arzt eine Entzündung des Eileiters, nachdem er lediglich den Bauch abgetastete hatte. Erst nachdem unsere Mandantin nachgehakt, und abermals auf die Verfärbung des Beins hingewiesen hatte, begann der verwunderte Arzt, der bislang von den Verfärbungen nichts wusste, das Bein zu untersuchen. Er diagnostizierte eine deutliche Schwellung von 3 cm über dem normalen Umfang. Entschieden stellte er, noch bevor umfassendere Untersuchungen durchgeführt wurden, fest, dass es sich „eindeutig um eine Thrombose handele“.
Unsere Mandantin und ihr Lebensgefährte wurden sodann, ohne jede ärztliche Begleitung, in eine Spezialabteilung geschickt. Schon auf dem Weg begann unsere Mandantin zu schwindeln. Im Fahrstuhl verlor sie das Bewusstsein. Ihr Lebensgefährte fing sie auf, brachte sie aus dem Fahrstuhl und rief um Hilfe.
Die Ärzte nahmen Blut ab, machten einen Zuckertest, nahmen den Blutdruck und die Temperatur und veranlassten ein EKG. Die Ärztin der Spezialabteilung untersuchte das Bein unserer Mandantin, und schließlich, auf deren Bitten hin, auch den Unterbauch. Unsere Mandantin wies die Ärztin zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass sie ein hartes und steifes Gefühl im Bein verspüre, sowie dass sie Probleme bei der Atmung habe.
Im Anschluss an die körperliche Untersuchung erfolgte ein Ultraschall durch einen anderen Arzt. Schon vor Beginn dieser Untersuchung erklärte der Arzt, dass unsere Mandantin keine Thrombose habe. Er fragte nach den Schmerzen. Unsere Mandantin schilderte ihre Beschwerden wie bereits geschehen. Der Arzt setzte den Ultraschall nicht an der Leiste an, und verwendete keine Farbcodierung. Schon damit unterlief ihm ein erheblicher Befunderhebungsfehler. Denn durch eine Farbcodierung bei der Sonographie wird der Blutfluss sichtbar. Dies ermöglicht, eine Thrombose zu erkennen oder eben auszuschließen.
Fehlerhafte Befunderhebung.
Nach der Untersuchung des Oberschenkels hatte es der Arzt sehr eilig. Er wolle nur noch eben schnell den Unterschenkel untersuchen, teile er unserer Mandantin mit. Ohne den Schenkel herunterhängen zu lassen (wie sonst für die Untersuchung der Kniekehle üblich) untersuchte er den Bereich schnell und oberflächlich. Trotz der umfassenden Schilderung aller Beschwerden, die er von unserer Mandantin erhalten hatte, widmete sich der Arzt dem Bauchbereich gar nicht. Das Fazit der schnellen, fehlerhaften und oberflächlichen Untersuchung: Bestimmt leide unsere Mandantin lediglich unter einer Zerrung von der Gymnastik.
Als dann die Blutwerte „nur“ leicht erhöhte Entzündungswerte zeigten, beschlossen die Ärzte dass es wegen des Ultraschalles, bei dem ja nichts zu sehen gewesen sei, „völlig überflüssig wäre“ unsere Mandantin zur Kontrolle im Klinikum zu behalten. Wenn die Beschwerden nicht besser werden würden, solle ein Hausarzt aufgesucht werden.
Im Vertrauen auf den ärztlichen Rat ging unsere Mandantin nach Hause, wobei bereits der Heimweg wegen der starken Schmerzen sehr beschwerlich war. Teile der Strecke musste unsere Mandantin von ihrem Lebensgefährten getragen werden.
Zuhause legte sich die immer noch schwindelnde Mandantin hin, lagerte ihr Bein hoch und cremte es mit Schmerzgel ein. Dann sah sie sich die ihr mitgegebenen Arztbriefe nochmals genau an.
Dabei stellte sie fest, dass zwar ein Ausschluss einer Beinvenenthrombose vermerkt war, jedoch der D-Dimere-Wert (liefert wichtige Hinweise, ob sich im Körper Blutgerinnsel gebildet haben) mit 0,51 mg/L deutlich über dem Richtwert von <0,3 mg/L lag. Nach einer umfassenden Eigenrecherche hatte unsere Mandantin rausgefunden, dass viele ihrer Symptome für eine Thrombose sprachen. Beispielsweise das schwere Atmen, die bauliche Verfärbung des Beines, das Druckgefühl im Bauch, sowie der erhöhte D-Dimere Wert. Um sicherzugehen rief sie die Ärztin im Klinikum an, und hakte nochmals nach, ob auch sicher wirklich keine Thrombose vorliegen könnte. Als Antwort erhielt sie die Floskel „machen sie sich keine Sorgen“.
Dauerschaden durch Behandlungsfehler.
Die Beschwerden hielten an. Die Schmerzen waren so stark, dass unsere Mandantin bereits bei jedem Gang auf die Toilette von ihrem Lebensgefährten getragen werden musste.
Deshalb beschloss sie am nächsten Tag, ihre Hausärztin zu konsultieren. Diese stellte nach einer Untersuchung des Beins und des Unterbauches fest, dass eine Thrombose keineswegs auszuschließen sei, und überwies unsere Mandantin in das beklagte Klinikum.
Erneut also wurde unsere Mandantin in der Spezialabteilung vorstellig. Nach längerer Wartezeit erfolgte schließlich, neben den Standard-Untersuchungen wie Blutdruck Messung etc., erstmalig eine Ultraschalluntersuchung mit Farbcodierung. Die behandelnde Ärztin setzte an der Leiste an und sah sofort dass es sich um eine Thrombose handelte. Wegen der Ohnmacht, die unsere Mandantin bei ihrem ersten ambulanten Klinikbesuch erlitten hatte, wurde auch das Herz genau untersucht, um eine Lungenembolie auszuschließen, was erst zu einem späteren Zeitpunkt gelang. Sicher konnte sie jedoch sofort eine Thrombose des linken Beckens und des linken Beines, von der Hohlvene bis zur Knievene diagnostizieren. Das Klinikum nahm unsere Mandantin stationär auf. Völlig verspätet erfolgte dann eine korrekte und leitliniengerechte Behandlung.
In den folgenden zwei Jahren musste unsere Mandantin jederzeit einen Kompressionsstrumpf tragen. Denn die betroffenen Venen waren auch nach einer Lysetherapie sowie der Gabe von Blutverdünnungsmitteln im Klinikum noch thrombotisch verschlossen. Ohne Kompressionsstrumpf traten sofort Beschwerden wie Verfärbungen des Beines und Schmerzen auf. Zudem waren von nun an regelmäßige Untersuchungen notwendig. Bei einer dieser Nachuntersuchungen stellte der behandelnde Arzt fest, dass das Kaliber der linken Beckenvene unserer Mandantin im Seitenvergleich deutlich reduziert ist. Erst zwei Jahre nach Auftreten der Thrombose war das langsame Absetzen des Kompressionsstrumpfes möglich.
Grobe Behandlungsfehler - Wir fordern Schmerzensgeld.
Neben eindeutigen Behandlungsfehlern, werfen wir den Ärzten des Klinikums auch schwere Befunderheungsfehler vor. Bei Symptomen wie Schwindel, Ohnmacht, und dem erhöhten D-Dimere Wert wäre bei korrektem ärztlichem Vorgehen sofort eine weitgehende Phlebothrombosediagnostik notwendig gewesen, um eine Lungenembolie und eine Beinvenenthrombose sicher auszuschließen.
Auch wäre dem fachärztlichen Standard nach in jedem Fall eine Ultraschalluntersuchung mit Farbduplexuntersuchung - bereits beim ersten Klinik Besuch - zwingend erfolgreich gewesen. Hätte der behandelnde Arzt eine solche Untersuchung unverzüglich durchgeführt, hätte die Thrombose bereits beim ersten Klinikumsbesuch unserer Mandantin entdeckt und behandelt werden können. Wegen der Unterbauchbeschwerden wäre außerdem eine Ultraschalluntersuchung im Abdomenbereich angezeigt gewesen.
Auch ist dem Klinikum die inkompetente und oberflächliche Ultraschalluntersuchung des Beins vorzuwerfen. Schlechterdings unverständlich erscheint zudem, dass trotz des Kollapses und der Atembeschwerden keine Echokardiographie erfolgte. Eine Entlassung unserer Mandantin zu diesem Zeitpunkt ist medizinisch völlig unverständlich und insofern als grober Fehler zu bewerten.
Dass die Gymnastik unserer Mandantin als wahrscheinlichste Ursache der Beschwerden in der Akte vermerkt war, stellt bei vorliegen aller Symptome einen fundamentalen Diagnoseirrtum dar. Auf Basis dieser falschen Diagnose konnte die richtige Behandlung erst Tage später beginnen. Hätten die Ärzte die Thrombose jedoch sofort behandelt, hätte ein weiteres Ausbreiten der Thrombose verhindert werden können. Die Gefahr einer Lungenembolie hätte damit drastisch verringert werden können.
Zu alle dem kommt noch die unzureichende und verwirrende Dokumentation der Behandlung. Teilweise widersprechen sich die Akten so sehr, dass sich der Verdacht aufdrängt, sie seien nachträglich verändert worden, um eine Haftung zu verhindern. Ein solches Verhalten ist schlechtweg unverständlich und absolut nicht nachvollziehbar.
Wir fordern die Zahlung von Schmerzensgeld in der Höhe von mindestens 7.500 Euro. Zudem beantragen wir die Feststellung der Ersatzpflicht der unserer Mandantin entstandenen materiellen und immateriellen Schäden.
Für weitere Fragen zum Thema stehen Ihnen unsere Patientenanwälte sehr gerne mit Rat zur Seite. Es grüßt Sie herzlich...
… Ihr Michael Graf, Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht